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Neulich habe ich auf dem Weg zur Arbeit zum ersten Mal ein eindeutig neonazistisches Emblem gesichtet. Auf einem Kapuzenpulli prankte fett der Schriftzug „Kraftschlag“, kombiniert mit der Zahl 88. Acht-Acht, das dürfte gemeinhin bekannt sein, ist in der Naziszene eine beliebe Chiffre für „Heil Hitler“. Weniger geläufig ist vielleicht, dass „Kraftschlag“ der Name einer Rechtsrockband ist. Auch IN dem Kapuzenpulli steckte etwas, das selbst ohne die Lettern locker als Nazi durchgehen konnte. Ich frage mich: Zufall? Oder werden die jetzt etwa wieder mutiger?

Ich bin geneigt, zweiteres anzunehmen.

Seit einiger Zeit stelle ich in Mannheim einen Klimawandel fest. Nicht erst seit der Silvesternacht in Köln, aber seitdem deutlich spürbarer ist das, was seit vielen Monaten unter der Oberfläche wabert: eine irrationale Angst vor dem Fremden.

Ein Beispiel. Seit einer gefühlten Ewigkeit fahre ich praktisch jeden Morgen mit einer jungen Frau im ÖPNV und nie gab es Probleme. (Ich bin ihr mal auf den Fuß getreten. Aber das ist eine andere Geschichte.) Seit Silvester nun, gibt sie sich größtmögliche Mühe, mir aus dem Weg zu gehen. Sie sucht sich grundsätzlich einen Platz hinter mir, wo sie mich im Auge behalten kann. Früher saß sie immer vorn links. An der Haltestelle, an der wir beide raus müssen, wartet sie neuerdings bis zum Schluss, um Abstand zwischen uns zu bringen. Und falls wir doch aneinander vorbei müssen, macht sie einen Bogen.

Es gibt einige solcher Beispiele. In einer Facebook-Gruppe, in der man sich Tipps für alles Mögliche geben kann, wird schon länger danach gefragt, wo man denn noch Pfefferspray bekommen oder einen Selbstverteidigungskurs besuchen könne. Oder ich erlebe deutlich häufiger Frauen, die ihre Wertsachen festhalten (übrigens auch eine Menge Studentinnen) und — Haha! — sogar junge Männer, die mir aus dem Weg gehen. Kürzlich erzählte mir eine Kollegin, dass ein ausländischer Kollege ebenfalls davon berichtet, wie seine Umgebung ihn neuerdings deutlich taxiert.

Wie gesagt: Nicht erst nach Köln hat sich das geändert. Ungefähr mit der vermehrten Berichterstattung über Flüchtlinge fingen Menschen hier an, sich anders zu verhalten und auf Distanz zu gehen. Eine Ex-Kollegin kriegt Panik bei dem Gedanken, dass Deutschland wegen der Flüchtlinge kollabieren würde. Ein Kollege glaubt, dass es Baden-Württemberg finanziell eigentlich gutgehen, aber das ganze Geld für die Flüchtlinge draufgehen würde. Von der Frau, die bei Syrern™ jetzt auch die Handtasche festhält, habe ich ja schon mal erzählt. Bisheriger Höhepunkt waren die katastrophalen Wahlergebnisse in Hessen, wo die AfD unglaublich viele Stimmen einheimsen konnte.

Und nun die Landtagswahlen. Diese durch und durch rassistische, chauvinistische und sexistische Partei (ja genau, die AfD) trat in drei Bundesländern an und zog überall mit zweistelligen Ergebnissen ein. Ihr aus ihrer Sicht wohl schönstes Ergebnis erreichte sie wenig überraschend in Sachsen-Anhalt, wo sie auf Anhieb über 24 Prozent der Stimmen ergatterte. Zum Glück wohne ich nicht mehr im Osten. Ansonsten hätte ich jetzt eine Scheißangst, weil ich glaube, dass die Erfolge der AfD zu einer weiteren Radikalisierung beitragen werden und ich ja nun schon genug Erfahrungen mit gewälttätigen Rassisten gemacht habe. Eine Straßenumfrage unter Bitterfelds Rassisten gibt einen guten Einblick, warum die AfD so gut abschnitt.

Dann ist da aber auch Baden-Württemberg. Mehr als 18 Prozent hat die AfD hier errungen. 18 Prozent ist für eine rassistische Partei scheißviel. Noch mehr, wenn man sich vor Augen hält, dass in Baden-Württemberg deutlich mehr Menschen wahlberechtigt sind als in Sachsen-Anhalt. Ganz besonders enttäuschend war für mich die Wahl in meiner Stadt. Denn in Baden-Württemberg gingen zwei Direktmandate an die AfD. Eines kommt aus Mannheim. Nord zwar, und nicht wie erwartet aus dem Süden, aber auch hier sieht es nicht gut aus. Wenngleich ich in Rheinau deutlich entspannter leben kann, als ich es jemals in ganz Leipzig tun könnte, stellte ich schon früher fest, dass etwa Wahlplakate der AfD hier nicht in luftiger Höhe, sondern gut sichtbar weit unten hängen.

Ich war mir bisher nicht so ganz sicher, ob es an dem für Mannheim typischen Desinteresse für Politik liegt, oder daran, dass Mannheimer gewohnheitsmäßig leiden. Dass man für das Gepöbel der AfD empfänglich sein könnte, hielt ich natürlich auch für möglich. Nur wusste ich es nicht mit Sicherheit. Seit gestern weiß ich: Jeder Vierte in meinem Stadtteil hat rechts gewählt.

Als wäre ich in Sachsen-Anhalt.

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Danger Bananas: They don’t care about us
Mädchenmannschaft: Bitte nicht lächeln: Zur AfD

Bild: Alex Proimos, CC-BY-NC

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