Meine Fresse! Diese Woche hatte es echt in sich: Erst megaviel Stress auf Arbeit, weil gewisse Kollegen nicht so effizient arbeiten wollen, wie ich das gewöhnt bin, ja, und dann hat sich meine Spezialfreundin ein Ding geleistet, das eigentlich FAQUs-würdig ist. Wir hatten diese Woche Kickoffs mit ein paar Erstsemester-Kursen (Küüüken! <3), wobei heute zwei dran waren. In einem ist auch ein schwarzer Student.

Erst mal das Positive vorweg: Ich hatte bei der Interaktion mit dem Kurs zwar schon gemerkt, dass da ein schwarzer Student sitzt, aber ich hatte es einfach nur registriert. Es war nicht mehr dieses: „Woah! Der ist ja auch schwarz.“ Oder: „Uiuiuiui! Da ist noch eine Schwarze.“ So gesehen bin ich tatsächlich in Mannheim angekommen. Ich denke, dass ich das schmerzlich vermissen werde, wenn ich demnächst für ein paar Tage in Shitty LE sein werde.

Na jedenfalls: Ich bin gerade dabei, an unsere Studis Geräte auszugeben. Dabei rufe ich die Leute immer grüppchenweise auf, damit es nicht zu tumultartigen Szenen kommt, wenn sie vor mir stehen. Sonst sind die nämlich wie die Kinder im Småland — am Rande des Bällebads. Ich rufe die Studenten also auf. Erst kommt ein Student (weiß), dann noch ein Student (weiß), dann noch eine Studentin (weiß) und noch ein Student (weiß) und noch eine Studentin (weiß) und so weiter. Ganz schön viel Toast.

Tja, und ab hier bekommt die Geschichte eine unschöne Wende: Ich rufe nämlich den schwarzen Studenten auf. Er steht vor mir. Neben mir meine Spezialfreundin: „Habt ihr eigentlich denselben Ursprung?“

Nur für den Fall, dass ihr bisher Probleme mit dem Textverständnis hattet: DIESEN STUDENTEN HABE ICH HEUTE ZUM ALLERERSTEN MAL IN MEINEM LEBEN GESEHEN! HIMMEL, ARSCH UND ZWIRN NOCH MAL!

Ich, sowieso schon genervt, setze laut hörbar an:

„Nur weil wir beide schwarz sind, …

[Schöne Kunstpause, damit der gesamte Kurs lachen kann.]

… heißt das doch noch lange nicht, dass wir uns kennen oder verwandt sind.“

Sie: „Naja, nein, also das ist doch eine ganz normale Frage. Ganz so, als würde man zwei Menschen, die Deutsch sprechen, fragen, ob sie Deutsche seien.“

Zum Glück setzte hier auch meine nette Kollegin ein (ich hielt nämlich im Geiste schon mein Schlussplädoyer): „Ja, aber die beiden SIND doch deutsch und unterhalten sich auf Deutsch!“

Die Kollegin diskutierte noch ein bisschen und hier zeigte sich leider auch das typische Machtgefälle, das es verdammt schwer macht, sich gegen so einen Scheiß zu wehren: Auf der einen Seite Frau Professorin, auf der anderen der schwarze Erstsemester-Student. Der hatte nämlich auf die Frage, wo er herkomme, treubrav mit „Kenia“ geantwortet. Was soll er auch anderes machen? Ich kenne das ja von mir. Auch heute noch antworte ich viel zu oft mit dem Land meines Vaters, damit mich Hohlnüsse nicht nerven bzw. mir keine Nachteile erwachsen. Hier hatte ich aber seine Antwort gleich aufgenommen, um ihr noch mal ’ne Breitseite zu verpassen: „Siehste, das einzige, das mich mit Kenia verbindet, ist, dass ich mal durch ’nen Kiswahili-Kurs gefallen bin.“

Meine Spezialfreundin hatte gestern schon mal gefragt, ob ich aus Südafrika käme, weil ich mich mit der anderen Kollegin über das Land unterhielt. Ich hatte ihr dann, weil sie einfach nicht aufhören wollte zu nerven, erzählt, dass wir in meiner Familie schon seit vielen Generationen schwarz sind. Daran knabbert sie noch heute.

Ganz nebenbei war das von meiner netten Kollegin auch ein hervorragendes Beispiel für Allyship. Was ganz witzig ist, weil wir gerade gestern über Allyship mit Bezug auf Sexismus gesprochen hatten. Ich hoffe jedenfalls, dass meine und auch ihre Reaktion auf den Ersti eine positive Auswirkung hatte und er sich nicht jede Grenzüberschreitung gefallen lässt.

Bild: Alex Proimos, CC-BY-NC

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