Freitag war es soweit: Nach einem Jahr habe ich in Mannheim zum ersten Mal eine gegen mich gerichtete Aggression erlebt. Aber mir geht es besser denn je, denn es hatte in erster Linie nichts mit mir zu tun.

Ein Jahr. Das ist echt ’ne lange Zeit. Besonders wenn man es gewohnt ist, den lieben langen Tag im Kreuzfeuer von Rassisten zu stehen. Beim Einkaufen, in der Straßenbahn, auf der Straße. Ich habe schon oft darüber geschrieben. Monnemer Anomisitäten mir gegenüber halten sich dagegen in Grenzen, von daher ist es — und da wiederhole ich mich sehr gern — hier eher gemütlich für mich.

Am Freitag dann dieser Typ. So ’n richtiger Vollproll, noch relativ jung. Ihr kennt diese Dudes. Stehen immer da, als hätten sie sich ein unsichtbares Pony in den Schritt geklemmt. Ich will gerade in die Bahn zur Arbeit einsteigen, als er auf einmal auftauchte und sich mit seinem Pony direkt vor die Tür stellte und … ähm ja … einfach dastand. Vielleicht graste gerade sein Pferd, vielleicht hat er aber auch nur versucht, die Tür mit Gedankenkontrolle zu öffnen. Da ich keine Zeit hatte, das weiter zu eruieren, habe ich die Tür aufgemacht und bin reingegangen. Als ich an ihm vorbeiging, rammte er mir einen Ellenbogen in die Seite. Jetzt nicht besonders doll, weil er wohl ein bisschen zu langsam war.

Dieses Mal habe ich aber völlig anders reagiert als die vielen Male zuvor. Ich hatte keine Angst (unbehaglich war mir schon) und ich habe mich nicht gestresst, was andere von mir denken könnten, auch wenn zweifelsohne Studenten von uns in der Bahn waren. Also ganz richtig ist das nicht: Ich wollte ihm keine scheuern, obwohl er das echt verdient hätte. Ich bin zu ihm hin und habe ihm gesagt: „Nächstes Mal stehste nicht im Weg rum und vor allem schubst du mich nicht zur Seite.“ Darauf hatte er sogar reagiert, wurde dabei aber recht schnell unflätig.

Also habe ich den Spieß umgedreht. Nun lag es an mir, dafür zu sorgen, dass sich jemand unbehaglich fühlte. Kurz und knapp: Grenzüberschreitungen fand er auf einmal gar nicht mehr so geil. Er hatte sich sodann entschieden, mich zu beleidigen (Ableismus, Body Shaming, was mich eher kalt gelassen hat) und mir zu drohen: „Isch hau disch, wenn du nicht weggehst“. Tja, dabei blieb es. Auch wenn er die große Fresse hatte und versuchte, mich mit Beleidigungen aus dem Konzept zu bringen, war er doch die ganze Zeit damit beschäftigt, sich mir vom Hals zu halten. Ich nehme an, er war überrascht, Gegenwind bekommen zu haben. Im Übrigen musste ER MIR aus dem Weg gehen. Soweit kommt’s ja wohl noch, dass ich Platz mache.

Interessante Randnotiz: Eine weitere Person in der Straßenbahn schien sich bereitzumachen dazwischenzugehen. Noch so was, dass ich aus Leipzig nicht kenne. Innerhalb eines Jahres nur eine Auseinandersetzung zu haben, die dann noch nicht mal was mit Rassisus zu tun hat, halte ich für eine ziemlich gute Quote. Da fällt es auch mal leichter, jemanden in seine/ihre Schranken zu verweisen.

Ich wüsste zurzeit nur wenige Gründe, warum ich Mannheim verlassen könnte. Feindseligkeit gehört anders als in Leipzig nicht dazu.

Bild: Romtomtom, CC-BY

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