{"id":10936,"date":"2014-07-22T00:16:28","date_gmt":"2014-07-21T22:16:28","guid":{"rendered":"http:\/\/trollbar.de\/?p=10936"},"modified":"2014-07-22T13:13:05","modified_gmt":"2014-07-22T11:13:05","slug":"voodoo-gegen-aerztemangel-faz-rassismus","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/trollbar.de\/2014\/voodoo-gegen-aerztemangel-faz-rassismus-10936","title":{"rendered":"FAZ: Mit Voodoo gegen \u00c4rztemangel"},"content":{"rendered":"
Das Twitter-Team der FAZ versucht sich gerade in einer Erkl\u00e4rung, was Satire sein und leisten soll. Grund ist eine rassistische Karikatur mit einem Medizinmann, die die FAZ verwendet hat, um einen Artikel \u00fcber Nachwuchsprobleme bei niedergelassenen \u00c4rzten<\/a> zu illustrieren.<\/p>\n Der Artikel befasst sich mit dem Problem niedergelassener \u00c4rzte, Nachfolger f\u00fcr ihre Praxen zu finden. Dies w\u00fcrde nicht nur den \u00c4rztemangel weiter versch\u00e4rfen, sondern auch die Altersabsicherung der \u00c4rzte gef\u00e4hrden. F\u00fcr viele sei der Erl\u00f6s aus dem Verkauf der Praxis n\u00e4mlich als Teil der Altersvorsorge gedacht. Stellt sich also die Frage, wieso um alles in der Welt ein Bild mit einem Medizinmann verwendet wird.<\/p>\n Die Karikatur, so das Online-Team, spie\u00dfe auf, was so mancher Deutscher heimlich denke<\/a>. Die rassistischen Stereotype w\u00fcrden vergr\u00f6\u00dfert<\/a>, bis sie l\u00e4cherlich erscheinen. Was bei der FAZ offenbar nicht angekommen ist: Eine Karikatur macht das, um der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten und sie so zum Nachdenken anzuregen. Mit der konkreten Karikatur kann das aber gar nicht funktionieren, weil es im Text gar nicht um rassistische Einstellungen gegen\u00fcber nichtwei\u00dfen \u00c4rzten oder dergleichen geht.<\/p>\n Was sehen wir im Bild? Gezeigt werden drei Personen. Zwei (ein Sanit\u00e4ter und ein offenbar kranker, \u00e4lterer Mann) sind wei\u00df, eine ist schwarz. Die schwarze Person tr\u00e4gt einen Lendenschurz sowie eine Maske und tanzt um ein Feuer. Abgebildet werden au\u00dferdem ein paar Knochen und ein Sch\u00e4del, die jeweils der schwarzen Person zuzuordnen sind. Die kranke, \u00e4ltere Person sagt: „Ach, Herr Doktor, ich bin so froh, dass die Praxis endlich wieder besetzt ist.“ Auf einem Schild steht in gebrochenem Deutsch: „Praxis Dr. Mbongo. Viele Heilung. Alle Kasse.“ Flankiert wird das Bild von einer Bildunterschrift: „Deutschland profitiert von eingewanderten Fachkr\u00e4ften.“ Die Karikatur kommentiert also ironisch den Einsatz ausl\u00e4ndischer Fachkr\u00e4fte zur Bek\u00e4mpfung eines \u00c4rztemangels.<\/p>\n Dies tut sie aber, indem sie erstens wie selbstverst\u00e4ndlich nichtwei\u00dfe Menschen als Ausl\u00e4nder markiert und zweitens — dies ist viel schlimmer — die Qualifikationen ausl\u00e4ndischer \u00c4rzte herabw\u00fcrdigt. Die Karikatur bildet nicht nur einen Medizinmann ab, dessen Heilk\u00fcnste nach unseren westlichen Vorstellungen als Hokuspokus und damit im Vergleich zur Schulmedizin als qualitativ minderwertig, wenn nicht gar nutzlos gelten. Verst\u00e4rkt wird der Eindruck mangelnder Qualit\u00e4t durch das Praxisschild in gebrochenem Deutsch.<\/p>\n Ohne Frage: Die Karikatur ist kritisch (was sie nicht weniger rassistisch macht), aber mit dem Artikel selbst hat sie herzlich wenig zu tun. Themen sind Nachwuchssorgen, Rentenrisiko und Arbeitsbelastung. Ein \u00c4rztemangel wird nur am Rande konstatiert. Die Zeichnung passt somit hinten und vorne nicht. Vielleicht suchte jemand in der Redaktion einfach nur nach einem Bild, dass irgendwas mit „\u00c4rztemangel“ und „Praxis“ zu tun hat, und machte sich sonst keine weiteren Gedanken. Andererseits: Nicht zum ersten Mal hat die FAZ dieses Bild verwendet, um bef\u00fcrchtete Qualit\u00e4tseinbu\u00dfen in der Medizin zu illustrieren. Ein Artikel \u00fcber Abiturienten, denen der Einstieg ins Medizinstudium wegen zu schlechter Noten verwehrt wird<\/a>, wurde ebenfalls mit der Karikatur bebildert.<\/p>\n Als Ergebnis kann also nur stehen, dass diese Zeichnung Rassismus reproduziert, aber nicht kritisiert. Dabei ist es mitnichten so, dass die FAZ zwingend auf rassistische Bilder zur\u00fcckgreifen w\u00fcrde, um sich mit dem Thema \u00c4rztemangel zu besch\u00e4ftigen, wie ein Artikel \u00fcber Nachwuchssorgen in der Chirurgie<\/a> nahelegt. Sicher werden einige einwenden: „Aber das passt doch gar nicht zur Situation niedergelassener \u00c4rzte!1!“ Das mag stimmen. Eine rassistische Karikatur mit einem Medizinmann passt aber noch viel weniger.<\/p>\n Nachtrag, 13 Uhr:<\/strong> Die FAZ hat sich \u00fcber Twitter entschuldigt. Zumindest hat sie etwas getan, was mit viel Wohlwollen so aufgefasst werden k\u00f6nnte: „Nat\u00fcrlich war auch die von einigen als rassistisch empfundene Greser&Lenz-Karikatur heute Morgen Thema bei uns. Dass sie so missverst\u00e4ndlich aufgefasst wurde, tut uns leid! Unter diesem Gesichtspunkt hatten wir sie nicht betrachtet.“<\/p>\n Die Entschuldigung ist gar keine richtige, weil sie an gleich zwei Stellen empfindlich abgeschw\u00e4cht wird: Zum einen wird negiert, dass die Karikatur rassistisch ist. Zum anderen wird unterstellt, dass die Kritiker sie nur falsch verstanden h\u00e4tten. Eine richtige Entschuldigung h\u00e4tte z.B. so lauten k\u00f6nnen: „Wir entschuldigen uns f\u00fcr die rassistische Karikatur und werden sie nicht wieder verwenden.“ Passt sogar in nur einen Tweet.<\/p>\n * * *<\/p>\n Weitere Links<\/p>\n