Wow, ich glaube, so lange habe ich noch nie für einen Blogpost gebraucht. Aber jetzt ist es endlich soweit: Die Trollbar schließt endgültig ihre Pforten. Und das mit einem guten Gefühl!

Ich wohne seit bald zehn Jahren in Mannheim und seitdem habe ich immer weniger über selbst erlebten Rassismus geschrieben. Nicht weil es hier keinen gäbe, sondern weil die Mannheimer Ausprägung im Vergleich zu Ostdeutschland im Allgemeinen und Leipzig im Speziellen so viel weniger auffällig ist. Rassismus kommt hier viel subtiler daher, vielleicht sogar perfider.

Wenn ich Rassismus erlebe, dann sind das die immer selben Geschichten: Rassistische Menschen, die mich als Ausländer, als „Afrikaner“ wahrnehmen, halten ihre Wertsachen fest, Männer klopfen gern ihre Hosentaschen ab, um sich zu versichern, dass ihr Handy noch an Ort und Stelle ist, Frauen halten ihre Handtaschen fester. Andere Rassismen z.B. bei der Job- und Wohnungssuche sind so subtil, dass es sogar mir schwerfällt, für Weiße nachvollziehbar in Worte zu fassen, was da passiert. Ich könnte darüber berichten, dass ich mich in Ausübung meines Jobs in unseren Filialen ausweisen bzw. beweisen muss, dass ich wirklich Mitarbeiter der Zentrale bin, während meine weißen Kollegen diese Erfahrung im Regelfall nicht machen. Da würden sich aber eh alle damit rausreden, dass das nur Zufall gewesen und eigentlich sowieso der Standard sei. Es bleibt ein Ärgernis, aber ich wüsste nicht, was ich groß darüber schreiben sollte.

Auch von den Bullen bin ich, soweit ich mich erinnern kann, hier noch nie kontrolliert, geschweige denn mit einem Bulli in Schritttempo verfolgt worden. Geht bitte nicht davon aus, dass es bei Baden-Württembergs Polizei kein Nazi-Problem gäbe. Ganz im Gegenteil, siehe Ku-Klux-Klan, siehe NSU. Dass es mich normalerweise nicht erwischt, dürfte schlichtweg daran liegen, dass es von uns Nichtweißen zu viele gibt, als das man alle drangsalieren oder schikanieren könnte. Im Zweifel sind die ausländischen Bettler am Bahnhof dran. Immer noch scheiße, aber mir deren Geschichten anzueignen, hielte ich für unangemessen.

Lange habe ich überlegt, wann der richtige Zeitpunkt ist, die Trollbar zu schließen. Die Antwort: Es gibt keinen. Ich hätte den Blog schon früher einmotten können, ich könnte noch warten, bis ich Ende 2024 die Mannheimer 10 voll mache. Oder ich mache den Cut jetzt.

Ja, jetzt ist gut.

Ich werde die Trollbar also archivieren. Aktuell läuft der Blog noch mit dem CMS WordPress. Da ich WordPress aber nicht andauernd aktualisieren will, obwohl keine neuen Inhalte mehr kommen, werde ich den Blog als statische Version aufsetzen. Damit funktioniert dann zwar die Suche nicht mehr, aber die Inhalte bleiben erhalten, ohne dass ich mir Sorgen über Sicherheitslücken machen müsste.

Ursprünglich wollte ich noch ein zeitgemäßes Design umsetzen. Die Mockups existieren zwar schon, aber ein Freund meinte, dass ich mir die Arbeit nicht mehr machen sollte. Auch weil ich alle Inhalte noch mal durchackern müsste, um zu prüfen, ob die Migration erfolgreich war, wäre das eine echt anstrengende Aufgabe. Daher lass‘ ich das tatsächlich. Eventuell fliegen noch ein paar Inhalte wie die Tweetlinge raus. Seit der Irre Twitter übernommen hat, funktioniert das Einbetten von Tweets nicht mehr vernünftig. Entschieden habe ich mich aber noch nicht. Ich werde noch ein paar Links zu antirassistischen Angeboten aktualisieren bzw. neue hinzufügen. Danach ist Schluss.

Ich bin natürlich nicht aus der Welt. Auf meinen Social-Media-Kanälen werde ich, mit eingeschobenen SM-Pausen, weiterhin aktiv sein und, soweit notwendig, auch über Rassismus schreiben. Ich wäre jedenfalls nicht verwundert, wenn mit dem Superwahljahr 2024 was Übles auf uns zukäme. Aber vielleicht haben wir ja Glück!?

Übrigens: Ich plane ein neues Webprojekt. Ich will noch nicht zu viel verraten, aber es wird sich natürlich auch wieder um eine schwarze deutsche Perspektive drehen. Es wird kreativ. Und ich glaube: Es wird schön.

Daher sage ich zugleich „Bye Bye Trollbar!“ und „Hello World!“.