In Mannheim, habe ich neulich gelernt, weinst du zweimal: einmal wenn du kommst und einmal wenn du gehst. Eigentlich bezieht sich die Redewendung darauf, dass du die Schönheit der Stadt erst nach einer Weile kennen- und schätzenlernst. Ich war nur einen Tag dort und war sofort begeistert. Denn dort durfte ich wieder einmal hautnah erleben, wie das so ist mit diesem menschenwürdigen Umgang.
Meine Güte, die Mannheimer sind vielleicht entspannte und nette Leute! In Mannheim und vorher Frankfurt fühlte ich mich gleich völlig anders als in Leipzig, nämlich total gelassen. Da ich mich in Mannheim nicht auskenne und ich mich nicht nur auf Google Maps verlassen wollte, habe ich zig Leute nach dem Weg zu verschiedenen Orten gefragt. Was passierte? Wirklich jede Person hat sich Mühe gegeben, mir zu helfen, auch jene, die keine richtige Ahnung hatten.1 Von denen, die sich nicht so richtig auskennen, erhielt ich dafür hilfreiche Tipps, wie ich zum Beispiel zentral von einem Ort wegkomme oder wo ich weitere Hilfe erhalten kann.
Ganz beispielhaft darf der Taxifahrer gelten, von dem ich (gerade am ZOB angekommen) wissen wollte, wo denn der Hauptbahnhof2 sei. Allein bei seiner Rückfrage, „Wohin wollen Sie denn?“, dachte ich mir so, „Häh, na zum Hauptbahnhof!“, erzählte dann aber, dass ich ein Schließfach für meinen Trolley suchen würde.
Er: „Ach, da gehen Sie in den Hauptbahnhof rein.“
Ich: „Danke. Ist das da der Hauptbahnhof? Der sieht so klein aus.“
Er: „Ja, der Haupteingang ist um die Ecke. Die Fächer sind im Westflügel.“
Ich (mich fragend, was der Westflügel ist): „Danke.“
Er: „Da gehen Sie einfach rein und nach rechts ganz nach hinten.“
Ich: „Danke.“
Er: „Falls Sie es nicht finden, dann können Sie auch gleich am Servicepoint nachfragen. Die helfen Ihnen gern weiter.“
Ich: „Danke.“
Das Gespräch ging noch ein bisschen weiter. „Danke“ fiel noch öfter. Immer, wenn ich mich bedankt hatte, war ich schon am Gehen und wurde abrupt gestoppt wie eine Cartoonfigur, die beim ersten ausladenden Schritt am Kopf vom einem Klavier getroffen wird. Von der Situation war ich leicht überfordert, kenne ich das sonst eher so, dass die Leute wegrennen oder „Weeeßsch nisch!“ blaffen.
Anders ist das offenbar in Mannheim. Niemand rannte davon, niemand pöbelte, niemand spuckte mich an. Leipzig, du hast noch viel zu lernen.
Hallo, bin heute auf deinen Blog gestoßen und stöbere ein bisschen darin. Du schreibst echt super, irgendwie locker aber trotzdem sehr berührend. Ich fühle mich schrecklich wenn ich von deinen Erfahrungen lese (ich bin weiß, wohne in BW). Du motivierst mich, mein eigenes Verhalten besser zu reflektieren und mich stärker gegen Ausgrenzung einzusetzen. Danke dafür! Ich wünsche Dir alles Gute und dass du eine bessere Zeit in Mannheim als in Leipzig erleben wirst :)
[<3 <3 <3 /Ali]