Spannende, aber anstrengende erste Halbzeit. Zwei Wochen sind nun schon rum und ich habe meinen Bruder noch nicht irgendwo ausgesetzt. Gelohnt hätte es sich allerdings schon. Wir haben uns nämlich übel gezofft. Damit sollten nun aber die Fronten für die zweite Etappe, nämlich Kapstadt, geklärt sein.
Die Reise drohte schon vorbei zu sein, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Als der Zug nämlich gerade einfuhr, fiel meinem Bruder ein, dass er doch mal schauen könnte, ob er sein Portemonnaie dabei hat. Hatte er nicht. Erste Mordgedanken hängten sich wie dunkle Schleier über mein Gemüt.
Zum Glück kann mein Bruder schnell laufen, nämlich von mir weg und hin zu seiner Geldbörse. Prompt zahlte sich aus, dass ich durch und durch deutsch bin. Ich hatte vorsichtshalber eine Stunde Puffer eingeplant, sodass wir — wenn auch arschknapp — gerade noch rechtzeitig einchecken konnten. „Das ist aber echt knapp“, sagt die Dame am Schalter und verwies uns an die Security. Durchgecheckt, eingecheckt und Platz genommen.
Während sich alle Anspannung von mir löste, stieg selbige in meinem Bruder. Nun gab es ja kein Zurück mehr. Ich freute mich, endlich mal wieder in Südafrika zu sein, er schnallte wohl erst jetzt, worauf er sich eingelassen hatte. Der Flug selbst gestaltete sich beengt (f*** Economy!), aber auch recht witzig. Denn seitdem wir in den Flieger gestiegen sind, muss ich für meinen Bruder übersetzen. Im Grunde könnte ich ihm auch ein Einhorn (in Pink mit Glitzer) auf die Stirn kleben. Für die Leute hier wäre das nicht weniger verwunderlich als ein Schwarzer, der kein Englisch kann.
Entsprechend werden die Menschen, auf die wir den lieben langen Tag so treffen, nicht müde zu betonen, dass er Englisch lernen muss.
Steward: „He must learn English!“
Mein Bruder: „I äm ä little bit English!“
Steward: „No, seriously! He must!“
Aber gut: Warum sollte man in Bayern auch Englisch sprechen? Da mangelt’s oft schon am Deutschen. Als wir im Wandies Place in Soweto waren, lernten wir einen Afrikaaner kennen, der mal zum Austausch in Deutschland war. Genauer: Geiselwind. Nachdem ich den Ort gegoogelt habe, wundere ich mich auch gar nicht mehr über seine Aussage, dass er so begeistert von meinem Englisch sei. In Deutschland sei das ja eher ein Problem.
Und sonst so? Besonders auffällig: der sehr schwache Rand. Als ich 2009/10 in Südafrika lebte, bekam man für einen Euro gerade neun bzw. zehn Rand. Mittlerweile sind es mehr als 16, zeitweilig sogar 17. 2800 Rand waren damals rund 280 Euro wert. Aktuell sind es 166. Für Südafrika eine Katastrophe, für uns bedeutet er auch: leckeres und trotzdem supergünstiges Essen. Am ersten Abend waren wir in einem indischen Restaurant, wo wir für Fingerfood, zwei Vorspeisen, zwei Lammgerichte und vier Bier rund 13 Euro pro Nase bezahlt haben. Inklusive fürstlichem Trinkgeld, versteht sich.
An den Linksverkehr habe ich mich praktisch sofort wieder gewöhnt, auch an die Unsitten hier. Meinen Bruder hingegen durchfuhr (Haha, vesteht ihr? Durchfuhr!): die nackte Angst. Nach seiner ersten und bisher einzigen Fahrt einigten wir uns darauf, dass ich die meiste Zeit fahre und er das Essen zahlt, was sicher das beste sein dürfte. Immerhin hatte ich vor ein paar Jahren länger Gelegenheit, mich daran zu gewöhnen, dass Verkehrsregeln hier häufig nur Empfehlungscharakter haben. Ganz zu schweigen von den Minibustaxis. *args*
Grundsätzliches Ziel ist ja auch, dass mein Bruder mal ein anderes (Süd)afrika-Bild vermittelt bekommt, weshalb es nicht zu touristisch zugehen darf. Fehlen durfte eines allerdings nicht: das Montecasino, ein Vergnügungskomplex in Johannesburg. Dann sieht er nämlich auch gleich mal, dass es in Afrika™ sogar Kinos gibt. Ist Afrika nicht eigentlich eh der Kontinent der Ks? Kriege, Krisen, Korruption, Krankheiten, Kinos …
Der nächste Beitrag wird nun hoffentlich nicht so lange auf sich warten lassen, damit ich nicht wieder so viel zusammenfassen muss. Ist ja fast schon telegrammartig.
(Den Anstecker im Titelbild habe ich übrigens neulich beim Ausmisten gefunden.)