Naaa, die Feiertage mit der buckeligen Verwandtschaft heil überstanden? Oder gab es wieder zum Erbechen nervtötende Diskussionen, was man alles nicht mehr in diesem Land sagen oder machen darf?
Da weißte auch nie, was da noch sagen sollst, wenn die Verwandtschaft sich argumentativ einfach nicht überzeugen lassen will, aber ’n Knüppel übern Kopf aus familiären, zumindest jedoch strafrechtlichen Erwägungen nicht als Lösung herangezogen werden kann.1
Vielleicht kann ja fürs nächste Mal Abhilfe geschaffen werden. Verschenkt doch einfach mal das Buch Eine Frage der Moral. Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen. Erschienen ist die Streitschrift von Anatol Stefanowitsch im Duden-Verlag. Ich hatte das Buch schon eine Weile hier liegen, und mir über die Feiertage mal zu Gemüte geführt.
Das Büchlein ist nur etwas mehr als 60 Seiten dick und logisch nachvollziehbar geschrieben, indem es sich an den Argumenten der Gegner einer politisch korrekten Sprache entlanghangelt. Das hat den Vorteil, dass man bei Diskussionen schnell auf bestimmte Aspekte eingehen kann. In meiner Arbeit gegen Rassismus begegnet mir bspw. in Diskussionen um die Verwendung des N-Worts oft die absurde wie falsche Behauptung, das N-Wort sei deshalb nicht rassistisch, weil es aus dem Lateinischen stammen und einfach nur „schwarz“ bedeuten würde. Stefanowitsch weist richtig darauf hin, dass man, wollte man überhaupt in der Sprachgeschichte nach Argumenten suchen, nicht auf die die Wortherkunft, sondern auf den Entlehnungszusammenhang abstellen müsste. Da wird dann schnell klar, dass das N-Wort in Deutschland mit dem atlantischen Sklavenhandel im 17. Jahrhundert aufkam und sich im 18. Jahrhundert mit dem Aufkommen der Rassentheorien etablierte. Der Begriff war also schon von Beginn an kontaminiert und nicht, wie PC-Kritiker häufig behaupten, neutral.2
Das Buch bietet noch viele weitere Beispiele für Diskussionen, die wir in der Vergangenheit führen mussten. Zu nennen sind etwa die vielen, vielen Diskussionen zum generischen Maskulinum, das gar nicht so generisch wirkt, wenn man das einfach mal umkehrt und stattdessen ein generisches Feminium verwendet. Dann fühlen sich auf einmal ganz viele Männer ziemlich kastriert. Was beim N-Wort mangels rassistischer Erfahrungen der mehrheitsdeutschen Bevölkerung nicht klappt, ist mit dem generischen Maskulinum hingegen machbar: Durch die Umkehrung kommt auf einmal die privilegierte Gruppe in den Genuss des „Mitgemeintseins“. Dass dies keineswegs so trivial ist, wie von den PC-Kritikern häufig argumentiert, merkt man in der Folge an deren weinerlichen Beiträgen in den Medien oder Kommentarspalten darunter.
Was mir an dem Buch fehlt: Da es so leicht ist, kann man es Unbelehrbaren nicht an den Kopf werfen.