Arme, arme Polizei. Die Bundespolizei beschwert sich mal wieder darüber, dass ihr Rassismus vorgeworfen wird. Dabei macht sie sich keinerlei Gedanken darüber, was bei ihr nicht rundläuft.

Das Leben von Bundespolizisten muss schon hart sein. Da will man bei Kontrollen gegenüber als fremd Empfundenen wahlweise unfreundlich, respektlos oder gleich rassistisch sein und prompt beschweren sich die Menschen, dass sie unfreundlich, respektlos oder gleich rassistisch behandelt oder misshandelt wurden. So kann’s nicht weitergehen, dachte sich die GdP Bundespolizei und startete eine Kampagne. Kein Platz für Rassismus — gegen Hass und Gewalt heißt die Aktion, die an die Internetkampagne We are all Monkeys anknüpfen will. Man färbt sich die Patschehändchen gelb und futtert genüsslich Bananen. Bei der Kampagne geht’s aber mitnichten um Rassismus in den eigenen Reihen, oder um den strukturellen Rassismus an sich. Nee, rassistische Vorfälle bei der Bundespolizei sind nämlich Einzelfälle™.

So wird nicht klar, gegen welche Umstände genau Position bezogen werden soll. Man ruft nur: Hey, seht mal her, wir sind auch gegen Rassismus. Und: Man jammert:

In ihrem Arbeitsalltag sind Bundespolizisten oft mit der Not und dem Elend von Flüchtlingen konfrontiert, die mitunter aus Angst vor Verfolgung aufgrund ihrer Religion oder ethnischen Zugehörigkeit gezwungen waren, ihre Heimatländer zu verlassen. Die Schicksale dieser Menschen berühren und machen betroffen.

‚Tschuldigung? „Mitunter aus Angst vor Verfolgung“? Allein mit diesem kleinen Wörtchen schafft es die GdP die konservative Ansicht zu unterstreichen, dass die meisten Flüchtlinge ungerechtfertigt geflohen seien. Anstatt einen auf CSU-Hardliner zu machen, hätte man darüber nachdenken können, wieso Bürgerkrieg seit dem „Asylkompromiss“ kein Asylgrund mehr sein darf. Oder warum sich Deutschland in einer Weise abschottet, dass man praktisch keine Chance mehr hat, hier rechtmäßig Asyl zu beantragen (Stichwort: Dublin).

Schön auch das hier:

Gerade für Beschäftigte in Bundespolizei und Zoll, die vielfach auch im Ausland ihren Dienst verrichten und in Krisenregionen wie dem Kosovo oder in Afghanistan im Rahmen internationaler Polizeimissionen der Vereinten Nationen eingesetzt sind, sind [rassistische] Unterstellungen nur schwer erträglich.

Kann es nicht vielleicht sein, dass die „Vorwürfe“ nur deshalb so schwer zu ertragen sind, weil die Kritisierten mit ihrem eklatanten, inhumanen Fehlverhalten konfrontiert werden? Oder weil die Polizei ein undurchdringbarer, von falschem Corpsgeist geformter Klumpen ist, der faktisch keine Möglichkeit vorsieht, gegen „Einzelfälle“ vorzugehen? Oder vielleicht auch, weil die Institution Polizei — was echt unerträglich sein muss — nicht mehr wie früher darauf bauen kann, dass „der Bürger“ treubrav gehorcht, egal wie übel das Fehlverhalten der Ordnungskräfte ist? Könnte das nicht vielleicht sein? Oder um es kurz mit den Worten von @naekubi zu sagen: „Die Kolonialherren hatten auch Auslandserfahrung, aber das machte sie nicht weniger rassistisch.“

Bevor die GdP Bundespolizei über ihr hartes Leben jammert, wäre es angebracht, sich mal in die Lage der Menschen reinzuversetzen, die Tag für Tag qua Hautfarbe- und Haarfarbe verdächtigt werden, Straftäter zu sein. Menschen, die tagtäglich gedemütigt und immer und immer wieder kontrolliert werden. Menschen, denen man trotz deutschem Pass abspricht deutsch zu sein. Die GdP könnte sich auch mal fragen, warum die Polizei nicht statistisch erfasst, wen sie da eigentlich ständig schikaniert. Da sie nicht nach Hautfarben kontrollieren würde, könnte sie so prima die Vorwürfe entkräften. Aber vielleicht hat die Polizei für solche Mätzchen keine Zeit, weil sie zu sehr damit beschäftigt ist, Kontrollen auch dann bis zum bitteren Ende durchzuziehen (Karamba Diaby ab 2:17), wenn schon am Anfang des Aufeinandertreffens klar wird, dass man es offenbar mit einem Deutschen zu tun. Aber gut, das kommt halt dabei raus, wenn man nach der Devise arbeitet: „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf“. Vielleicht findet die GdP Bundespolizei aber auch mal Zeit, mit ihren Mitgliedern zu erörtern, warum es so unfassbar schwer fällt, sich bei den Kontrollierten auf Aufforderung auszuweisen bzw. Namen und/oder Dienstnummer zu verraten.

Nein, die GdP jammert lieber weiter:

Zugleich ist die Polizei oft selbst dem Vorwurf des Rassismus ausgesetzt. Mit unserer Kampagne wollen wir deutlich machen, dass sich Bundespolizisten und Zöllner nicht in eine fremdenfeindliche Ecke drängen lassen und unseren KollegInnen die Möglichkeit bieten, um selbstbewusst ihre eindeutige Haltung gegen Rassismus zu zeigen.

Ich hätte einen kleinen, unvollständigen Katalog, mit dem die Polizei gegen ihr rassistisches Image vorgehen könnte:

  • Verzicht auf Racial Profiling
  • Kontrollierte — gleich welcher Hautfarbe — siezen
  • Kontrollierte ordentlich begrüßen (Ein gebrülltes „PASS!“ gilt gemeinhin nicht als Begrüßung.)
  • Kontrollierten auf Aufforderung begründen, warum sie kontrolliert werden („Nur so!“ ist keine Begründung.)
  • Kontrollierten auf Aufforderung Dienstausweis vorzeigen oder Namen und/oder Dienstnummer nennen
  • Kontrollierte ordentlich verabschieden (Jemanden, den man abführen wollte, wortlos stehen zu lassen, ist keine Verabschiedung.)

Bild: Alex Proimos, CC-BY-NC

(Kurzlink)