Ich hatte endlich mal genug Nerven, mir die Dokumentation „Der NSU-Komplex“ (hier auf Youtube) anzuschauen. Die vielen „Ermittlungspannen“ und V-Männer in der Naziszene im Allgemeinen und im Umfeld des NSU im Besonderen sowie kleinen Anekdoten verdeutlichen eines noch mal sehr genau:

Der NSU wäre gar nicht möglich gewesen ohne die aktive und passive Unterstützung von Nazis durch den deutschen Staat (hier besonders vertreten durch die Sicherheitsbehörden) und durch die aktive und passive Verweigerung deutscher Polizeibehörden, migrantischen Opfern zu helfen, ja sie wenigstens als Opfer anzuerkennen. Besonders im Zusammenspiel mit der Etablierung junger, teils flächendeckender Nazistrukturen im Ostdeutschland der Nachwendezeit konnte sich innerhalb der deutschen Gesellschaft ein Biotop entwickeln, indem sich Rassisten und Rechtsextremisten besonders wohl fühl(t)en.

Der Zustimmung, mindestens jedoch der Gleichgültigkeit der deutschen Gesellschaft gegenüber Morden an der migrantischen Bevölkerung konnten sich die rassistischen Mörder eigentlich schon recht früh sicher sein: Nur drei Tage, nachdem das Asylrecht faktisch abgeschafft wurde, brannte in Solingen ein Haus, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl weigerte sich, an der Trauerfeier für die Mordopfer teilzunehmen. Kohl habe „weiß Gott“ andere wichtige Termine; man wolle nicht „in Beleidstourismus ausbrechen.“

Ich bin neulich gefragt worden, ob ich zurzeit eigentlich Angst hätte. Das habe ich nicht, jedenfalls nicht vor physischen Schäden oder gar davor, getötet zu werden, weil ich in Mannheim recht sicher lebe. Aber ich bekomme ein klammes Gefühl, wenn ich daran denke, wohin sich die deutsche Gesellschaft bei dem aktuellen Klima entwickelt. Was kommt als nächstes?

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