Erhellendes Interview im aktuellen Spiegel:1 Der seit August designierte Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, hat nämlich gerade festgestellt: „Rassismus findet bei der Bundespolizei nicht statt“, denn die „Rechtslage und die internen Vorschriften sind eindeutig.“

Wer schon immer mal wissen wollte, wie rassistisch begründete Herrschaftsverhältnisse aussehen, der findet in dem Interview seine Antwort. Da entscheidet ein Mitglied der weißen Mehrheitsbevölkerung, und damit von Rassismus vollkommen Unbetroffener, einfach mal so: Nö, Rassismus gibt’s hier bei uns nicht; und das obwohl das OVG Rheinland-Pfalz kurz zuvor noch verdeutlichte, dass die Kontrolle eines Schwarzen aufgrund seiner Hautfarbe durch Bundespolizisten nicht rechtens war. Diskriminierungsverbot und so.2

Ganz spannend finde ich übrigens auch, dass eben jener Herr Bundespolizeipräsident im selben Interview ganz notlos von „Asylmissbrauch zur Teilhabe am deutschen Sozialleistungssystem“ spricht, weil weniger als ein Prozent der von Mazedoniern und Serben gestellten Asylanträge überhaupt anerkannt würden. Ich nehme nicht an, dass Romann sich überhaupt mal Gedanken darüber gemacht hat, was Menschen dazu veranlassen könnte, ihr Heimatland zu verlassen.

Es wäre natürlich geschickt gewesen, wenn die beiden Spiegel-Redakteure mal genauer nachgehakt hätten. Aber ich tippe einfach mal darauf, dass Hubert und Holger selbst weiße Privilegierte sind, die von den hier herrschenden Machtstrukturen profitieren und sich deshalb über so was keine Gedanken machen müssen.

(via Mosereien)

Nachtrag wegen des an meine Person gerichteten Vorwurfs des Rassismus:

Aus meinem Kommentar geht m.E. klar hervor, dass ich lediglich annehme, dass die beiden privilegierte Weiße sind, die sich keine Gedanken über die Sache machen müssen. Der Vorteil als Mitglied einer Mehrheitsgesellschaft besteht ja gerade darin, dass man seinen Status als normal ansehen kann und die Gründe hierfür nicht hinterfragen muss.

In meinem Kommentar steht jedoch nicht zu lesen, dass sich Weiße grundsätzlich keine Gedanken machen würden. Anders wären die infrage gestellten Machtstrukturen unserer Gesellschaft gar nicht zu ändern, wenn sich Mehrheitsdeutsche darüber keine Gedanken machten.

Überdies kann hier von rassistischen Vorurteilen gar nicht die Rede sein, denn der „Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen.“ (via)

Show 2 footnotes

  1. Gude, Hubert/Stark, Holger (2012): Ein Stahlgewitter. Der Spiegel, Nr. 45/12, S. 28f.
  2. Wahrscheinlich liegt bei der Bundespolizei ein kaum benutztes Grundgesetz rum. Günstig abzugeben.

(Kurzlink)